Bürgermeister Goffart aus Simmerath spricht in Schriesheim über seine Erfahrungen
Ein Aspekt der Diskussion um die Energiewende hier in der Region Rhein-Neckar ist es, dass es leicht ist, sich Sprecher aus anderen Teilen Deutschlands einzuladen, die zum Teil Jahre und Jahrzehnte Vorsprung beim Thema Windenergie haben, das im Rhein-Neckar-Raum nach wie vor komplettes Neuland ist, und die daher aus der Praxis berichten können: Wie lief das mit der Windnutzung bei uns am Ort? Wie ist inzwischen die Akzeptanz? Würden wir das wieder so machen?
Für einen solchen Vortrag hatte die KliBa am Freitagabend den Bürgermeister der Eifelgemeinde Simmerath Bernd Goffart (CDU) eingeladen. KliBa-Geschäftsführer Klaus Kessler stellte den Vortragenden zu Beginn des Abends den ca 70 Anwesenden vor: Gerade erst wurde Goffart mit 83% wiedergewählt mit unter anderem einem ausdrücklichen Bekenntnis zur Windenergie am Ort. Simmerath ist mit sechzehntausend Einwohnern nach Größe und Struktur in etwa mit Dossenheim / Schriesheim vergleichbar, wo am nächsten Wochenende ein Bürgerentscheid über ein Windprojekt oben auf den Hügeln ansteht.
Ohne Beamer oder sonstige Hilfsmittel referierte der Eifel-Bürgermeister eine gute Stunde über den Weg seines Ortes bei der lokalen Energiewende: „Wir erzeugen inzwischen 187% des Stroms, den wir benötigen, bei uns am Ort selbst! Der Schwarzstorch hat sich seit dem Beginn der Windenergienutzung wieder neu bei uns angesiedelt, der Rotmilan spielt oft regelrecht mit den Fügeln der Anlagen. Und Leerstand haben wir auch keinen am Ort.“ Mit den Erträgen aus der Windeneergienutzung konnte Simmerath seit fast 15 Jahren seine Grundsteuer stabil halten, die in den Nachbargemeinden inzwischen stark angestiegen ist. „Das macht pro Haushalt rasch mehrere hundert Euro im Jahr aus. Gerade Menschen mit kleinerem Budget merken das durchaus. Übrigens nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieter, bei denen Grundsteuererhöhungen indirekt in der Miete ankommen würden.“
Anlässlich des Besuchs eines Fernseh-Teams wurde Goffart erstaunt gefragt, nachdem das Team eine Runde durch den Ort gedreht hatte: „Gibt es eigentlich gar keine Gegner bei Ihnen? Wir konnten bei unserem Rundgang keine finden?“ Und in der Tat habe die übergroße Mehrheit am Ort längst ihren Frieden mit der Windenergie gemacht. Die Anlagen im Wald sind oft erst aus nächster Nähe zu sehen, eine Lärmbelästigung ist nicht festzustellen und die Segnungen für den Gemeindehaushalt sind zu offensichtlich. „Wir sind ein ausgewiesenes Tourismus-Ziel“, berichtet Goffart. „Es gab seit Beginn der Windenergienutzung keinerlei Einbrüche. Im Gegenteil, viele Gäste finden es ausdrücklich gut, dass wir uns hier selbst mit eigener, sauberer Energie versorgen.“ Möglich gemacht wurde das auch durch sehr fachkundigen juristischen Beistand beim Verhandeln der Verträge. So habe ihn der Vertreter eines der beteiligten Unternehmen nach der Unterzeichnung beiseite genommen und anerkennend gemeint: „Ich bin lange im Geschäft, aber heute habe auch ich noch was dazu gelernt.“
Der anstehende Bürgerentscheid beschäftigt viele Bergstraßen-Anwohner:innen: Zeitgleich mit dem Vortrag von Bernd Goffart hatten die bei „Gegenwind Bergstraße“ organisierten Windenergiegegner am Freitagabend den ehemaligen RWE-Manager Fritz Vahrenholt nach Dossenheim geladen. Vahrenholts bekanntester Beitrag zur Diskussion aus seinem Buch „Die kalte Sonne“ (2012) hatte seinerzeit eine anstehende starke Abkühlung des Weltklimas prophezeit. Es kam bekannterweise anders, was Vahrenholt nicht daran hindert, weiter seine Thesen zu Klima und Energiewende zu vertreten.
Zurück in Schriesheim jedenfalls wurden Bernd Goffart nach einer ausgedehnten Frage- und Diskussionsrunde mit einem langen Applaus verabschiedet.