Rede von Ralf Frühwirt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren,
bevor ich diese Haushaltsrede begonnen habe, habe ich mir die letzte aus dem Dezember 2023 noch einmal durchgelesen. Ich habe damals die Frage gestellt, ob „die Lage des Haushaltes 2024 das neue Normal ist, oder nur ein Ausrutscher nach unten.“
Wenn wir uns die diesjährigen Zahlen anschauen und auch den Ausblick auf 2025 und 2026, dann muss man davon ausgehen, dass es zumindest kein Ausrutscher war, den man einfach abfedern kann und dann so weitermachen wie bisher. Ob diese Einsicht inzwischen bei allen angekommen ist, ist fraglich.
Die schönen Zeiten, in denen sowohl für den Kreis, als auch für die Kommunen alles möglich war scheinen vorbei zu sein. Man lieferte sich um die Höhe der Kreisumlage ein paar Scheingefechte, deren Ausgang man schon vorher eingeplant hatte, und mit dem auch alle zufrieden waren. Das hat schon beim letzten Haushalt nicht mehr funktioniert, und dieses Mal wird es sehr offensichtlich. Trotzdem laufen die Verhandlungen immer noch nach dem alten Muster ab. Herr Dallinger sagt, was er haben möchte und dann wird runter verhandelt. Dieses Mal auf höherem Niveau, aber immer noch mit dem Gedanken im Hintergrund, dass sich der Kreis dies auch leisten kann. Ganz so wie in den vergangenen Jahren.
Blickt man jedoch auf die wichtigen Kennzahlen, so muss man erkennen, dass wir uns mittlerweile auf einem ganz anderen Niveau bewegen. Nach Jahren einer langsamen aber stetigen Reduktion der Verschuldung haben wir dieses Jahr wieder einen deutlichen Sprung über die 100 Mio. € gemacht, und wäre unsere Investitionstätigkeit nicht deutlich hinter dem Plan zurück geblieben, so wäre die Steigerung noch wesentlich höher ausgefallen.
Man sieht das auch am Verlauf der Liquidität des Kreises. Hier zeigt sich, dass wir in 2024 in jedem einzelnen Monat eine negative Liquidität im Kernhaushalt hatten. An ein solches Bild kann ich mich trotz vieler Jahre in diesem Gremium nicht erinnern. Verschuldung und Liquidität sind zwei Eckpunkte unseres Dreiecks der nachhaltigen Finanzwirtschaft. Der Dritte ist die Kreisumlage.
Wenn also die Verschuldung stark ansteigt, und die Liquidität im negativen Bereich ist, dann bleibt wenig übrig, als die Umlage anzuheben. Vor allem dann, wenn ein Großteil der Ausgaben fest steht und nicht verhandelbar ist, und wir Projekte, die in besseren Zeiten geplant wurden und mittlerweile im Bau sind, nicht einfach canceln können.
Mit 32,75 % ging der Kreis in die Verhandlungen um die Umlage. Das wäre ein Schritt von über 5% gegenüber 2024 gewesen. Man kann heute noch die Schnappatmung so mancher Bürgermeister hören, als sie die Zahlen zum ersten Mal gesehen haben. Doch so dramatisch es sich anhört, es hätte dem Kreis lediglich dazu gereicht ein knapp positives Gesamtergebnis zu erzielen und sich um 0,9 Mio. über der Mindestliquidität einzupendeln, wenn ansonsten alles gut gegangen wäre. Wenn man als Kreisrat und Kreisrätin denkt müsste man konstatieren, dass man sich damit kein allzu großes Stück des Kuchens abschneidet, sondern gerade so viel, dass es reicht.
Mit dem jetzt erzielten Ergebnis von 31,25 % reicht es eben nicht mehr. Das Ergebnis ist negativ, wir sind weit von der Mindestliquidität entfernt. Wir entfernen uns damit auch von unserem gemeinsamen Ziel einer nachhaltigen Finanzwirtschaft des Gesamtkonzerns Rhein-Neckar Kreis. Wir haben in unserer Fraktion sehr intensiv darum gerungen, wie wir damit umgehen, und ob wir dem Haushalt unter diesen Bedingungen zustimmen können. Die überwiegende Mehrheit hat sich positiv ausgesprochen, aber mit dem deutlichen Hinweis, dass dies für uns der äußerste Kompromiss ist. Einer weiteren Absenkung auf 31% wie sie von der SPD gefordert wurde stehen wir ablehnend gegenüber und sollte dieser Antrag eine Mehrheit finden, werden wir den Haushalt ablehnen.
So mancher denkt möglicherweise, dass er mit einem geringen Hebesatz etwas Gutes für die Einwohner*innen seiner Kommune getan hat. Aber vielleicht sind den Menschen funktionierende Kreisstraßen oder ein nicht totgespartes Kreiskrankenhaus in der Nähe wichtiger, als dass ein Bürgermeister dafür sorgt, dass das Geld in der eigenen Kasse bleibt und er darüber entscheiden kann welches Steckenpferdchen er damit weiter reitet.
Ja ich weiß, dass ausgerechnet im Rhein-Neckar Kreis die ärmsten aller Kommunen in Baden-Württemberg beheimatet sind, obwohl wir jedes mal wenn wir als Wanderzirkus durch die Lande ziehen uns beim Willkommen jeder Bürgermeister von seinen neusten Errungenschaften berichtet.
Erstaunlich ist auch, dass die Steuerkraftsummen der kreisangehörigen Kommunen 2025 auf einem Allzeithoch angekommen sind. Klar ist, dass aufgrund der Berechnungsformel das Basisjahr für dieses Ergebnis das Jahr 2023 war, und auch bei den Kommunen 2024 und wohl auch 2025 nicht so gut aussehen.
Jeder Kämmerer und jeder Bürgermeister kennt die Umlageberechnung und weiß daher, dass auf ein gutes Steuerjahr zwei Jahre später die Umlage steigt. Trotzdem scheint es für sie immer wieder eine Überraschung zu sein.
Die Kommunen des RNK haben im Basisjahr 2023 mit +12% die stärkste Steigerung in ganz BW gehabt, während der Durchschnitt im Länd +4% waren. Sie hatten damit die höchste Steuerkraftsumme in unserem Bundesland. Man fragt sich schon, wie andere Kommunen die eine geringere Steuerkraft haben und bei denen die Kreise eine höhere prozentuale Umlage erheben – wir haben seit Jahren eine der niedrigsten im Baden-Württemberg – das machen. Vielleicht war man es hierzulande zu lange gewohnt aus dem Vollen zu schöpfen, um jetzt ein paar Schritte zurück zu gehen. ….
Dass man die momentane kritische Lage der Kreisfinanzen lieber nicht so nahe an sich heran lassen will, zeigt auch ein anderes Beispiel aus der Diskussion um den Haushalt. Es geht dabei nicht um eine große Summe, nichts was den Haushalt gerettet hätte. Es geht dabei eher um eine Haltungsfrage.
Neben anderen Partnerschaften unterhält der Kreis seit 2019 auch Eine mit dem chinesischen Taicang. Nachdem in den letzten Jahren – wohl auch aufgrund der Coronapandemie – wenig sichtbare Aktivität vorhanden war, sind für 2025 mehrere Aktivitäten geplant, die die Partnerschaft neu beleben. Trotz aller Vorbehalte gegen die chinesische Subventions- und Wirtschaftspolitik, oder der Militarisierung des südchinesischen Meeres halten wir die Aufrechterhaltung und Vertiefung des Dialoges für sehr sinnvoll. Wir stehen dahinter, dass die neuen Projekte geprüft und wenn sie für beide Seiten sinnvoll sind auch umgesetzt werden.
Trotzdem haben wir den Antrag gestellt, 50 000.-€ für die Delegationsreise nach China zu streichen. Wir sind der Meinung, dass unser Landrat Dallinger mit all seiner Erfahrung und seinem Verhandlungsgeschick den Kreis in Taicang auch alleine kompetent vertreten kann, und nicht unbedingt Kreisräte zum Händchen halten braucht. Wir sind uns bewusst, dass man in China wesentlich mehr Wert auf großes politisches Theater legt, das haben wir in 2019 auch erlebt. Aber Erstens müssen wir nicht alles tun, was unsere Partner von uns erwarten. Zweitens können wir die positive Unterstützung des politischen Gremiums des Kreises auch anders zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel mit einem gemeinsamen Beschluss des Kreistages oder einer gemeinsamen Video-Grußbotschaft nach China. Das wäre auch in jeder Hinsicht nachhaltiger, als wenn sechs Kreisräte die Hintergrund Deko für unseren Landrat abgeben. Die marginale Bedeutung der Kreistagsdelegation für das gelingen der Projekte steht für uns in krassem Gegensatz zu dem Signal, das damit an die Öffentlichkeit, unsere Kommunen und unser Personal geht. Wir drehen bei euch jeden Cent um, lassen aber ohne relevanten Grund Kreisräte nach China fliegen. Das kommt für uns nicht in Frage, und wir werden uns nicht an der Reise beteiligen, wenn sie denn statt findet. Lieber nehmen wir eine eigene Videobotschaft auf und schicken sie nach Taicang.
Wir haben uns natürlich auch Gedanken darüber gemacht, was mit den eingesparten 50000.-€ denn gemacht werden sollte. Man hätte die Kreisumlage noch einmal um 0,00416(Periode) Punkte senken können, worauf sicher einige in diesem Gremium gekommen wären. Man hätte auch die Verschuldung um den Betrag reduzieren können. Aber auch das wäre nicht groß ins Gewicht gefallen.
Den größten Effekt hätte das Geld nach unserer Überzeugung, wenn wir damit unseren Personaletat stärken würden. Von den 12 angemeldeten Stellen werden nach dem augenblicklichen Etat nur 8 im kommenden Jahr besetzt. Ansonsten versucht man mit verzögerten Nachbesetzungen irgendwie über die Runden zu kommen. Es ist klar, an wem das hängen bleibt, nämlich am vorhandenen Personal. Ich bin schon im letzten Jahr auf die deutliche Zahl an Überlastungsanzeigen eingegangen, die beim Personalamt aufgelaufen sind. Das hat sich in diesem Jahr nicht positiv verändert. Die 50 000.-€ aus der Chinareise hätten hier nur wenig für Verbesserung gesorgt, aber sie hätten an unser Personal ein Zeichen gesetzt, dass wir sie in diesem finanziell schwierigen Zeiten nicht alleine lassen.
Das gleiche gilt natürlich auch für unsere Kreiskrankenhäuser. Ein Gutteil der Verschlechterung unseres Haushaltes macht der Defizitausgleich für den GRN aus. Nach Jahrzehnten des Stillstandes, die uns ein mittelmäßiges aber sehr teures Gesundheitssystem beschert haben, gibt es seit kurzem eine umfassende Krankenhausreform. Das ist erst einmal gut so, denn wie bisher konnte es nicht weiter gehen. Wie sich die Reform mittel bis langfristig vor Ort auswirken wird, das werden wir sehen. Zunächst einmal müssen wir unsere Hausaufgaben machen, wenn wir die Krankenversorgung in der Fläche aufrechterhalten wollen. Diesbezüglich wurde in diesem Jahr schon intensiv gearbeitet und wir sind positiv gestimmt, dass wir Anfang 2025 einen zukunftsweisenden Plan für den GRN vorliegen haben.
Zum Schluss möchte ich noch ein Versäumnis aus dem letzten Jahr nachholen, das mir beim lesen meiner letzten Haushaltsrede aufgefallen ist. Seit dem Haushaltsplan 2024 werden die Klimaschutzmaßnahmen des Kernhaushaltes und des EBVIT im Plan noch einmal getrennt nach Dezernaten extra aufgelistet, sodass man auf drei Seiten einen Überblick erhält. Uns hilft das sehr, es spart uns lange Recherchearbeit und der Verwaltung so manchen Anruf. Daher etwas verspätet unser Dank an die Verwaltung für diese Zusatzinformation.
Daraus geht auch hervor, dass der EBVIT im kommenden Jahr über 6 Mio. an Klimaschutzmaßnahmen in unserem Gebäudebestand plant. Vor allem die Zentren für berufliche Schulen werden davon profitieren. Solche Investitionen sind rentierliche Ausgaben, sowohl ökonomisch als auch ökologisch. Wir tun gut daran jedes Jahr weiter zu investieren, um unserem Plan zur Klimaneutralität möglichst schnell umzusetzen. Denn 2024 hat uns noch einmal nachdrücklich gezeigt, dass die Weltgemeinschaft viel zu langsam unterwegs ist.
Wie bereits vorhin angedeutet, können wir dem Kreishaushalt zustimmen, wenn die Kreisumlage bei mindestens 31,25% bleibt. Ansonsten beantragen wir getrennte Abstimmungen der Beschlussvorschläge 11a und 11 b und c, da wir den Haushalten der Ullner’schen Stiftung und dem Eigenbetrieb zustimmen können.
Wir danken den Kolleginnen und Kollegen für die gute Diskussion in den Ausschüssen, der Verwaltung für die Bereitstellung der Unterlagen und die kompetente und schnelle Beantwortung unserer Fragen.