Wieder einmal sollte am Rande einer Bebauung ein Stück Natur geopfert werden. Im Kommunalpolitiker-Sprech heißt das: die Bebauung wird abgerundet. Aber trotz aller Abrundungen der letzten Jahrzehnte gibt es immer noch keine runde Gemeinde – auch nicht in Nußloch.
Angeblich gibt es aber dort einen Mangel an Einkaufsmöglichkeiten, und natürlich braucht es auch Wohnraum. Also wurde flugs ein Supermarkt und obendrauf Wohnungen geplant. Doch der Bebauungsplan rief recht schnell eine heftige Reaktion der Einwohner*innen der Gemeinde hervor, denen ja angeblich mit dem Bebauungsplan Gutes getan werden sollte. Eine Bürgerinitiative gründete sich und die kam zu ganz anderen Schlüssen, als sie vorher im Gemeinderat erörtert wurden. Was die Einkaufsmöglichkeiten angeht, sah man sich in Nußloch gut aufgestellt, und der Markt am Rande der Besiedlung würde wohl eher zum Aussterben des Dorfkerns führen.
Und was den Wohnraum angeht, so ist es in Nußloch genauso wie in vielen anderen Kommunen. Im Innenbereich stehen viele Wohnungen und Häuser leer, über die man als Ortsverwaltung oft keine Kenntnis hat, und für deren Aktivierung als Wohnraum auch kein Konzept besteht. Da scheint es einfacher einfach noch ein Baugebiet an die Gemeinde anzukleben.
Dieser lang geübten Tradition wurde nun in Nußloch von der Bürgerschaft ein Riegel vorgeschoben. Denn ob des wachsenden Widerstandes beschloss der Gemeinderat einen Bürgerentscheid zu der Frage. Es war wohl die Flucht nach vorne hin zu diesem demokratischen Verfahren, denn sonst hätte die Initiative wohl ein Bürgerbegehren durchgeführt. In diesem Bürgerentscheid zeigten sich die Nußlocher*innen als hervorragende Demokraten, denen ihre Gemeinde wirklich wichtig ist. Mit knapp 57 % Beteiligung war die Quote für einen solchen Entscheid sehr hoch. Das war schon einmal die erste positive Erkenntnis, die dann bei der Verkündigung auch heftig beklatscht wurde. Noch größer war der Applaus, als die Ablehnung des Bebauungsplans mit fast 70% der abgegebenen Stimmen verkündet wurde.
Interessant waren auch die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitstudie zum Bürgerentscheid von der Uni Heidelberg. Die Menschen lehnten nicht nur die spezielle Bebauung ab, sondern jede Art der baulichen Nutzung der Wiese. Aus diesem Grund dürfte es wohl so schnell keinen neuen Aufschlag für eine weitere Bebauung dort geben.
Eine weitere Erkenntnis, die den Fraktionen der Gemeinderates zu denken geben wird, ist wie sehr sie mit ihrer Wählerschaft in dieser Frage im Einklang sind. CDU, FDP und SPD hatten für die Bebauung gestimmt, nur die Grünen dagegen. Die Grünen hatten damit große Rückendeckung ihrer Wählerschaft, die mit 90% auch dagegen war. Die anderen Fraktionen hatten nicht nur die große Mehrheit der Nußlocher gegen sich, sondern jeweils auch die Mehrheit ihrer Wähler*innen (63-70%). Nun nimmt nicht jede/r Wähler*in eine solche Einzelfrage als Kriterium für die nächste Wahl, aber wenn man sich zu oft gegen seine Wählerschaft stellt, riskiert man sie zu verlieren. Vielleicht nutzt also dieser Bürgerentscheid auch ein paar neue Gedanken in den Gemeinderat einzubringen – und vielleicht nicht nur in Nußloch.